Zwischen Fakt und Fiktion
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In ihrer Poetikvorlesung reflektiert Anna Kim ausgehend von ihren Romanen Anatomie einer Nacht, Die große Heimkehr und Geschichte eines Kindes das Verhältnis der Literatur zur Wahrheit. Was diese drei Romane gemeinsam haben, ist, dass sie von wahren Begebenheiten ausgehen: Der Suizid eines achtjährigen Buben in Ostgrönland stand am Anfang von Anatomie einer Nacht, das nie aufgeklärte Verschwinden einer japanisch-koreanischen Jugendlichen aus ihrer Heimatstadt Kobe 1961 am Anfang von Die große Heimkehr. Ohne die Adoptionsakte des »wahren « Danny Truttmann hätte es Geschichte eines Kindes nie gegeben.Im ersten Abschnitt Fahnden bildet die Frage der Recherche den Ausgangspunkt: Inwiefern sich literarische Recherche von wissenschaftlicher oder journalistischer Nachforschung unterscheidet, wie man Quellen identifiziert, an welche Grenzen man bei der Recherche stoßen kann, und wann bzw. warum sie sich entschlossen hat, diese Grenzen zu überschreiten. Im zweiten Abschnitt Stricken behandelt Anna Kim - ausgehend von den Grenzüberschreitungen des ersten Teils - das Einarbeiten von Fakten in das fiktive Gewebe eines Romans, wie Inhalte strukturiert und komponiert, Fakten im literarischen Prozess zusammengestellt und überblendet, vermischt und fiktionalisiert werden. Abschließend nimmt sie unter dem Titel Balancieren die Frage nach der künstlerischen Freiheit und Verantwortung in den Blick: Wie kann, soll man mit historischen Dokumenten umgehen? Wie ist mit historischem Vokabular, das heutzutage außerordentlich verletzend ist, zu verfahren?Die Vorlesung wurde für die Buchfassung um zwei Essays - die Texte Unsere Schule sowie Farbe bekennen - ergänzt.
Erscheint im Februar