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Der Westen ist nicht mehr der Nabel der Welt. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch unseren Blick auf den globalen Süden verändert. Es herrscht Verwunderung, dass die westliche Sanktionspolitik gegen Russland in Staaten wie Indien oder Südafrika nicht geteilt wird. Im Rahmen der sich abzeichnenden neuen Blockkonfrontation zwischen dem Westen und China ist dem globalen Süden zugleich eine neue strategische Bedeutung zugefallen. Doch wer dort Unterstützung sucht, muss dessen Motive und Interessen verstehen.
Längst ist im globalen Süden Multipolarität, also eine Ordnung, in der keineswegs nur die USA und Europa, sondern auch China, Indien, Südafrika oder Brasilien und mancherorts sogar Russland eine wichtige Rolle spielen, ein positives Zukunftsszenario. Weil sie für viele Länder Autonomie verspricht, indem sie Entscheidungsspielräume eröffnet, wo vorher keine waren. Im globalen Süden wird die internationale Politik daher ganz anders gesehen als im Westen, wo man den Abschied von der alten Machtordnung und der eigenen Dominanz als "unübersichtlich" und damit potenziell bedrohlich wahrnimmt. Den Blick des globalen Südens auf die internationale Politik besser zu verstehen, lohnt sich: Denn dort, wo wir bislang vor allem Risiken sehen, warten eigentlich Chancen.
Erscheint im September