Wilner Diptychon (Wilner Getto 1941-1944 / Gesänge vom Meer des Todes)
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Zwei Schmerzensbücher des großen Dichters in spannungsreichem Bezug
Zu den Wundern der Wilner Hölle gehört es, dass ihre Bewohner auch unter den aussichtslosesten Bedingungen nicht die Hoffnung aufgeben wollten. Die beiden Bände, die sich der Ghetto-Dichtung Abraham Sutzkevers widmen, stellen zwei sehr verschiedenartige Werke des Autors wie Flügel eines Ditpychons zueinander: das Prosa-Buch »Wilner Ghetto 1941-1944« und eine Auswahl seiner Ghetto-Gedichte.
Juli 1944. Gemeinsam mit der Roten Armee befreien jüdische Partisanen die Stadt Wilna. Nur wenige Juden haben überlebt. Kaum etwas ist geblieben vom »Jerusalem des Ostens«, das Wilna einmal war: eines der bedeutendsten Zentren jüdischer Kultur in Osteuropa. Einige Handschriften, Bücher, Skulpturen und Leuchter konnten vor der Zerstörung gerettet werden - in schützenden Verstecken oder vergraben im Erdboden. Abraham Sutzkevers Bericht »Wilner Getto 1941-1944« ist Teil und Spur dieser Geschichte. Im Wilner Getto half der junge Dichter maßgeblich, das kulturelle Geschehen und damit die jüdische Identität am Leben zu erhalten und war damit Teil eines kulturellen Widerstands, aus dem der bewaffnete Aufstand hervorging. 1943 konnte Sutzkever aus sem Getto in die umliegenden Wälder fliehen und schloß sich den Partisanen an. Seine Aufzeichnungen, erstmals 1946 in Moskau erschienen, schildern minutiös die Ereignisse voll von Zorn und Trauer, Hoffnung und Stolz. Sie atmen das unmittelbar durchlittene Trauma. 65 Jahre nach der Befreiung des Wilner Gettos liegt dieses wichtige Dokument erstmals auf deutsch vor.
1946 sagt Abraham Sutzkever als Zeuge bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen aus. Drei Jahre hat er im Wilner Getto die Greueltaten der Nazis und ihrer litauischen Helfer hautnah miterlebt. Sein lyrisches Werk, das in »Gesänge vom Meer des Todes« zum ersten Mal in deutscher Sprache vorliegt, ist eine poetische Zeugenaussage, mit deren Sprachgewalt Sutzkever in den Louvre der grossartigsten Dichtungen des 20. Jahrhunderts Einzug hält. In den jiddischen Versen von Abraham Sutzkever pulsieren die Emotionen in der jahrhundertealten Sprache der Träumer und Kaballisten, Märtyrer und Heiligen. Es ist eine Sprache der Weisheit und Bescheidenheit, das Idiom einer verängstigten und hoffnungsvollen Menschlichkeit - reich an Erinnerungen, die über Generationen hinweg bewahrt werden. Sutzkever erhebt diese Sprache zur höchsten Kunstform: »... Und so geschah es: / In einer Minute des Nicht-Erinnerns, / Als ich eine Kirsche zu den Lippen nahm - / Hat sich die Kirsche / In eine heiße Kohle verwandelt und Wörter gezündet.«
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