Von Iphigenie zu Medea
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Für die kontrapunktische intertextuelle Relation zwischen Goethes Schauspiel Iphigenie auf Tauris und Grillparzers Tragödien-Trilogie Das goldene Vließ sind zwei Strukturmerkmale grundlegend: die Antithese des Griechischen und des Barbarischen und der Bezug auf die Gattung der Tragödie. Der Zusammenhang des ersten, semantischen Strukturmerkmals mit dem zweiten, gattungspoetischen geht auf die Mythenbearbeitung in der griechischen Tragödie zurück. Die Fremden, von denen der Mythos erzählt, z.B. Medea, werden fortan als Barbaren bezeichnet, doch erweist sich die damit betriebene Ausschließung als fragwürdig, da das Barbarische, etwa das Menschenopfer, auch im mythischen Kulturraum der Griechen begegnet. Gemäß dieser gattungsspezifischen Ambiguität und Verkehrungsdynamik wird bei Goethe und Grillparzer der dramatisierte Mythos zum Medium der Auseinandersetzung mit den modernen - u.a. ethnographischen, ästhetischen und geschichtsphilosophischen - Übertragungen des Barbarenbegriffs. Bei Goethe mündet die Auseinandersetzung in Iphigenies Programm, die Barbaren zur universalen Humanität zu bilden, bei Grillparzer hingegen in die szenische Realisierung der Paradoxien dieses Programms und seines verborgenen Ethnozentrismus. Derart führt die Trilogie das humanistische Schauspiel in die Tragödie zurück.
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