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Von der Vita zur Künstlerbiographie

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Künstlerbiographien sind seit jeher eine beliebte Darstellungsform der Kunstgeschichte. Eine Untersuchung der Genese dieser Textgattung fehlte jedoch bislang. Nahezu zweihundert Jahre waren die in der Tradition Vasaris entstandenen Viten vorherrschend. Nach 1700 wandten sich von dieser Frühform der Biographie allerdings auch jene Autoren ab, denen es weiterhin ein Anliegen blieb, "Geschichte der Künstler" zu vermitteln, jedoch erprobten sie innerhalb der Künstlergeschichte neue methodische Ansätze. In diesem Buch wird erstmals die historische Entwicklung dargestellt, in deren Verlauf sich die topos- und anekdotenreiche Vita zur wissenschaftlichen Künstlerbiographie wandelte. In diesem Prozess kristallisierten sich die entscheidenden strukturellen Merkmale heraus, die noch heute für das Genre charakteristisch sind. So lässt sich für die Künstlerbiographien im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein ähnlicher Verwissenschaftlichungsprozess feststellen wie für die anderen historiographischen Gattungen dieser Jahrzehnte. Das zeigt die Analyse einer Reihe bedeutender Biographien vor allem zu Künstlern der Renaissance wie Dürer, Cranach und Raffael, die in dieser Zeit im deutschsprachigen Raum entstanden. Dabei wird vornehmlich die Umgewichtung im Verhältnis von Lebensbeschreibung und Werkanalyse systematisch nachgezeichnet. Besondere Bedeutung kommt in der Untersuchung dem Mythos der Kongruenz von Künstlerleben, Charakter und OEuvre zu. Während der zentrale Topos vom "tugendhaften" und "erfinderischen" Künstler in der Vita noch zu einer Unterscheidung zwischen empirischer Person und Künstlerexistenz zwang, gelang es im Rahmen des biographischen Konzeptes der "Künstlerbiographie" zunehmend, die beiden Aspekte unter dem Begriff des "Genies" zu vereinen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Rekonstruktion der Rezeptionsgeschichte der Künstlerbiographien. Die zahlreichen theoretisch-methodologischen Reflexionen in den Jahrzehnten zwischen 1820 bis 1840 zeugen von dem Versuch der frühen Kunsthistoriker, die Biographie zu einer führenden Methode der Kunstgeschichte zu etablieren. Es werden auch die Dispute untersucht, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und den ersten Jahrzehnten nach 1900 für die Kanonisierung der Kunstgeschichte als Wissenschaft grundlegende Bedeutung hatten und bei denen der biographische Ansatz eine wichtige Rolle spielte. Nicht zuletzt die vernichtende Kritik Heinrich Wölfflins, des Verfechters einer "Kunstgeschichte ohne Namen", der die Biographie der Unwissenschaftlichkeit bezichtigte, hat entscheidend dazu beigetragen, diese, wenngleich nicht aus dem Schrifttum, so doch aus der Wissenschaftsgeschichte zu verdrängen. Erst der fundamentale Paradigmenwechsel von der Künstlergeschichte hin zur überpersönlichen Stilgeschichte, der sich ab der Mitte des 18. Jahrhunderts vollzog, konnte jahrhundertelang den Blick auf die Tatsache verstellen, dass der biographische Aspekt der Kunstgeschichte damit keineswegs obsolet geworden ist.
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