Turbofolk
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»Sound des Krieges«, »Porno-Nationalismus«, »Turbo-Faschismus«, »Sirenen des serbischen Nationalismus« - es gibt viele drastische Umschreibungen für den Turbofolk.
Trotzdem war das Musikgenre in den 1990er-Jahren beispiellos populär, in Serbien, aber auch in den anderen ex-jugoslawischen Staaten. Kein Fernsehsender und kein Café, das nicht die mit harten Beats und Keyboard aufgemotzte Folkmusik spielte.
Während der Bürgerkriege füllte der Turbofolk eine Leerstelle, die durch den Staatszerfall in der Unterhaltungsindustrie entstanden war. Die Glitzerwelt der mit Statussymbolen behangenen neuen Estrada tröstete die Menschen über Sanktionen und Inflation hinweg. So entstanden Superstars dieser neuen Popkultur wie Ceca. Aber Ceca ist nicht nur Sängerin, sondern auch Witwe des Kriegsverbrechers Arkan. In ihrer Ehe versöhnten sich Nationalismus und Popkultur. Und so gab es Akkordeon statt E-Gitarre, Patriarchat statt Emanzipation, Nationalismus statt Jugoslawismus.
Der Triumph des Turbofolks wurde auch als Verlust einer offenen Gesellschaft und Popkultur wahrgenommen, als Sargnagel Jugoslawiens. Bis heute schwingen die großen Identitätsfragen mit, wenn über die Musik gesprochen wird: Es geht um den Balkan und Europa, Pop- und Hochkultur, Ethnie und Nation, Geschlechterrollen etc.
Der Weg des Turbofolks aus einer ursprünglich gesamtjugoslawischen Volksmusik hin zu einer Kultur des nationalen Mainstreams legt häufig übersehene gesellschaftliche Prozesse bloß, die Nationalisierung und Bürgerkriege begleiteten.
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