Theorie der Popliteratur
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Mitte der neunziger Jahre wurde die literarische Öffentlichkeit
durch eine Reihe neuartiger Romantexte
aufgerüttelt, die wenig Rücksicht auf tradierte literarische
Konventionen nahmen und dabei sehr viel näher
am Puls der wiedervereinigten Bundesrepublik waren
als die meisten anderen Texte dieser Zeit: der Begriff
der »Popliteratur« war plötzlich in aller Munde.
Mehr als zwanzig Jahre sind inzwischen vergangen,
seitdem Christian Kracht mit seinem 1995 erschienenen
Roman Faserland den Startschuss für die Diskussion
um eine neue Schreibweise gesetzt hat.
Trotz intensiv geführter Debatten herrscht jedoch bis
heute keineswegs Klarheit darüber, worin die Besonderheit
popliterarischen Erzählens besteht. Hier setzt
die vorliegende Studie an. In enger Auseinandersetzung
mit den literarischen Texten sowie den bereits vorliegenden
Theorieangeboten entwickelt sie eine Systematik
der popliterarischen Schreibweise.
Dabei macht der Autor deutlich, dass die Popliteratur,
obwohl sie erst in den Neunzigern von einer breiten
Leserschaft wahrgenommen wurde, bereits in den achtziger
Jahren entstanden ist. Die Ausdifferenzierungen
in vielen wesentlichen Bereichen des kulturellen, sozialen
und ökonomischen Lebens, die sich in diesem
Jahrzehnt potenziert haben, erscheinen dabei ebenso
als entscheidende Faktoren für die Entstehung und
Etablierung der Popliteratur wie auch ein allgemeiner
Wandel der Werte: etwa eine veränderte Haltung zum
Konsum, eine Abkehr von der radikalen Politisierung
der siebziger Jahre oder die Individualisierungstendenz
hinsichtlich aller Fragen des Lebensstils.
Die Popliteratur reflektiert diesen umfassenden, gesamtgesellschaftlichen
Einschnitt. Die besonders seit
dieser Zeit zu beobachtende massive Zunahme an Zeichen
und Zeichensystemen - im Bereich der Medien,
der Marken und Produkte, der populären Musik, der
Mode und Selbstinszenierungen, des Alltags und der
Freizeitgestaltung usw. - liefert ihr das Ausgangsmaterial,
das in den Erzählungen in kreativer und spielerischer
Weise verarbeitet wird. Dabei folgt die Popliteratur
dem gestalterischen Prinzip, das die amerikanische
Pop Art bereits für den Bereich der bildenden Kunst
etabliert hatte. Die systematischen Überlegungen plausibilisiert
die Studie am Beispiel zentraler popliterarischer
Werke, etwa von Rainald Goetz, Thomas Meinekke,
Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad-Barre.
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