Seele ist ein gesungenes Wort
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Wer die Stimme des Tenors Fritz Wunderlich (1930-1966) hört, ist sofort umfangen von einer berückenden Energie des Klingens. Unmittelbar leuchtet ein, was es bedeutet, zu singen: eine strahlende Gegenwart in der faszinierenden Allianz aus Nehmen und Genommenwerden, aus Ergreifen und Hingabe, Steuern und Geschehenlassen - sie steht für das Leben schlechthin -, eine Vitalität und Furchtlosigkeit, sich zu verschenken. In der Schönheit, der Klarheit, dem Schmelz dieser Stimme und in der Wahrhaftigkeit der Gestaltung teilt sich nicht nur das große künstlerische Ethos mit, von dem dieser Jahrhundertsänger durchdrungen war, dem, nicht allein durch seine außergewöhnliche sängerische Begabung, sondern auch durch eine überaus hohe musikalische Intelligenz, die Musik ihre Tore weit geöffnet hatte. Vielmehr manifestiert sich in der ganzen Persönlichkeit und Erscheinung dieses begnadeten Musikers eine Kraft, die das Leben bejaht, ihm musisch-poetische Tiefgründigkeit, Ernst, Geheimnis, Beglückung zuspricht. Das nie versiegende Verlangen des Tenors, sich künstlerisch immer weiter zu vervollkommnen, erfüllte sich nach seinem Studium an der Freiburger Musikhochschule vor allem in der Zusammenarbeit mit dem Pianisten Hubert Giesen (1898-1980), der mit ihm als sein Begleiter und musikalischer Mentor insbesondere die Liedgestaltung kultivierte und die sowohl stimmlich als auch musikalisch überaus feingliedrigen Lied-Interpretationen erarbeitete. Ende Oktober, Anfang November 1965 haben Fritz Wunderlich und Hubert Giesen die »Dichterliebe« von Robert Schumann (1810-1856) auf Schallplatte aufgenommen. Das umfangreiche Schumannsche Lied-Oeuvre für eine Singstimme und Klavier gehört zum Bedeutendsten innerhalb des Genres des romantischen Kunstliedes. Bis heute ungeschmälert aktuell, hat es seinen Platz im Repertoire und stellt nach wie vor höchste Ansprüche an Technik und Musikalität der klassischen lyrischen Sänger. Auf den Klangeindruck jener Einspielung beziehen sich die Texte des vorliegenden Bandes, indem sie die Nummern der »Dichterliebe« lyrisch aufgreifen und in jeweils einem Gedicht schwingen lassen.
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