Poesie - Natur - Kinder
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Das philologische Interesse der Brüder Grimm rührt von einem modernen 'sentimentalischen' Gefühl her, das sich auf ein idealisiertes 'Altertum' als einen kulturkritischen Spiegel für die Gegenwart beruft. Ihre Beschäftigung mit der 'Naturpoesie', zu der sie auch die Kinder- und Hausmärchen zählen, ist von einem utopisch-pädagogischen Bedürfnis motiviert und somit als eine der vielen verschiedenen 'neuen Mythologien' um 1800 zu betrachten. Jacob und Wilhelm Grimm versuchten - jeder auf eigene Weise und mit unterschiedlichen Auffassungen von Poesie und Geschichte - die moderne Zerrissenheit zu überwinden, indem sie sich - anders als die kosmopolitisch angelegten frühromantischen Konzeptionen - Wirkung von der national verwurzelten 'Natur-' bzw. der von 'Natürlichkeit' geprägten 'Nationalpoesie' versprachen.
Ihre utopischen Poesieauffassungen sind eng verbunden mit der Idee einer ganzheitlichen 'natürlichen Bildung', die der rationalistischen, intentionalen Erziehung der Aufklärung radikal gegenüber steht. Man solle von der Mannigfaltigkeit und Ganzheit der 'Natur[poesie]'selbst, vor allem der Märchen, lernen, und zwar auf eine 'natürliche' Weise, indem man diese durch die Mündlichkeit 'unbewußt' erlebe. Die Poesie der Märchen übt für die Grimms auf Geist, Seele und Sinne gleichermaßen eine Wirkung aus und vermittelt Ästhetik, Ethik, Körperlichkeit, Emotionalität und nationales Gefühl.
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