Paukenschläge - Die Sinfonie Nr. 60 (Der Zerstreute) von Joseph Haydn
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Die vorliegende Arbeit versucht, der Sinfonik Haydns neue Aspekte und Perspektiven abzugewinnen. Die Analyse geht dabei zunächst vom Hören aus, wobei die Frage, welche Klangstrukturen der heutige Hörer in Haydns Musik entdecken kann, im Mittelpunkt steht. Über den Nachweis der traditionellen motivischen Beziehungen hinaus werden dabei auch entlegene Verwandtschaften aufgezeigt. Es wird nachgewiesen, dass diese Sinfonie außergewöhnlich homogen komponiert ist und das Material auf verschiedenen Ebenen eng miteinander verflochten ist. Die Erkenntnis von latenten Zusammenhängen regt den Rezipienten zum Weiterhören an. Das Bewusstwerden solcher entfernter Beziehungen kann für ihn eine Art Paukenschlag werden. Der Paukenschlag wird hier als Bild für plötzliches Aufmerken und Staunen verstanden.
Aus der Sicht des lesend Analysierenden zeigen sich in der Partitur umfassende mathematische Proportionen, die für den Hörer kaum nachzuvollziehen sind. Die Ergebnisse lassen die Rolle von Zahlenverhältnissen für die Musik des 18. Jahrhunderts in einem neuen Licht erscheinen: Ohne Selbstzweck zu sein, tragen sie als Subordnung zur Ganzheit der Komposition bei. Durch die permanenten Überlagerungen und Überlappungen der je verschiedenen Zah 1enordnungen wird ein enger Zusammenhalt der Teile gesichert und ein steter Neubeginn gestiftet. Durch permanentes Neu-Anfangen strebt die Musik unendlichem Klingen zu. Die Resultate der Analyse werden historisch-biographisch eingeordnet, indem gezeigt wird, dass ein Denken in verborgenen Ordnungen dem Aufklärungszeitalter nicht fremd war. Der aufgewiesene Widerspruch zwischen Gehörtem und Berechnetem spiegelt sich in der damaligen Musikästhetik als Konflikt zwischen Gefühl und Vernunft wider. Die aus der Sicht des heutigen Hörers gewonnenen Analysekriterien legitimieren sich damit als in der Ästhetik des 18. Jahrhunderts bereits angelegt.
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