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Niklas Luhmann. Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten

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»Im Zeitalter großer Organisationen ist Zeit knapp geworden. Zeitdruck ist eine verbreitete Erscheinung. Der Blick auf die Uhr und der Griff zum Terminkalender in der Tasche sind Routinebewegungen geworden. Die Verabredungsschwierigkeiten treiben die Telefonkosten in die Höhe. Schlichte rote Mappen (mit längst nicht mehr eiligem Inhalt), Eilt-Mappen, Eilt-sehr-Mappen bevölkern den Schreibtisch und seine Umgebung. Einige drängen sich durch ihre Lage mitten auf dem Schreibtisch und durch einen besonderen Zettel >Terminsache!< vor im Wettbewerb um Aufmerksamkeit. Die Orientierung an Fristen und fristbedingten Vordringlichkeiten bestimmt den Rhythmus der Arbeit und die Wahl ihrer Thematik.« Mit diesen Worten beginnt der fulminante Aufsatz von Luhmann, der 1971 erschien und zu einem der eindrücklichsten Texte über das Phänomen Zeit zu zählen ist. Wie man durch einen allein an Fristen gebundenen Leistungsbegriff sein Denken ruinieren kann, findet sich hier präzise dargelegt, wie es auch der FAZ-Journalist Christian Geyer vor zwei Jahren unter der Überschrift »Ist Hecheln unsere Leitgeschwindigkeit?« beschrieben hat. In diesem Sinne spinnt dieser den Luhmann'schen Faden weiter, indem er feststellt, dass alles Dringliche für wichtig gehalten wird, weil das Wichtige selbst aus dem Blick gerät und die Last des vorher zu Erledigenden es gleichsam erdrückt. Übrig bleibt das unbestimmte Gefühl, dass man zu 'nichts' mehr kommt - weder im Handeln noch im Denken. Und damit wird der analytische Kern aller Entschleunigungs-Debatten präzise ausgedrückt: die Bedrohung des Nachdenkenkönnens.
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15,79 CHF