»Nationalbibliothek« im geteilten Land
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Die Deutsche Bücherei war ein Kind der Extreme des 20. Jahrhunderts, das durch Selbstbewusstsein und Staatsnähe zur Nationalbibliothek heranwuchs.Glaubt man den Darstellungen ihrer Akteure, dann erlebte die Deutsche Bücherei seit ihrer Gründung 1912 einen ungebrochenen Aufstieg zur Nationalbibliothek. Auch in der DDR habe die Institution den politischen Umständen trotzen und ihren Sammelauftrag, der das gesamte deutschsprachige Schrifttum umfasste, gegen alle Widerstände verteidigen können. Diesem bis heute unhinterfragten Selbstbild rückt Christian Rau in seiner Studie erstmals analytisch zu Leibe. Dabei betrachtet er die Deutsche Bücherei als eine im Brennpunkt verschiedener Konfliktfelder stehende Institution. In der DDR galt sie als Aushängeschild der sozialistischen Nationalkultur und beliebte Forschungsbibliothek mit allerlei Westliteratur. In der Bundesrepublik wurde sie hingegen als Propagandawerkzeug der SED und nationaler Erinnerungsort gesehen.Untersucht werden die Beziehungen der Deutschen Bücherei zum SED-Regime, zu ihren Benutzerinnen und Benutzern sowie zur Deutschen Bibliothek, die 1946 als Konkurrenzinstitution in Frankfurt a.M. gegründet wurde. Es zeigt sich, dass einfache Zuschreibungen wie »unpolitische Kulturinstitution« oder »Werkzeug der SED-Literaturpolitik« mit der komplexen Realität wenig gemein haben.
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