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Mythos Oberschlesien

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Oberschlesien war nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ideologischen Gründen ein besonders heftig umstrittenes Grenzgebiet zwischen Deutschland und Polen. Das vorliegende Buch analysiert den propagandistischen Wettbewerb zwischen beiden Ländern um den Besitz dieser Grenzregion in der Zeit zwischen 1919 und 1956. Seit der Zeit der Abstimmung 1921 und der sie vorbereitenden und begleitenden Propaganda versuchten auf beiden Seiten Vereine und Aktivisten in Politik, Kultur und Wissenschaft, den eigenen nationalen Anspruch durchzusetzen. Dabei war die mythisierte Erinnerung an die Abstimmungszeit das wichtigste Mittel, um diese Ansprüche emotional geladen in der eigenen und gegenüber der anderen Nation zu verbreiten. Denkmäler, Gedenkfeiern, Ausstellungen und Erinnerungsorte wie St. Annaberg waren Versuche, die Erinnerung regional fest zu verankern. Auf beiden Seiten war die Erinnerung an die Abstimmungszeit aber nicht nur ein Mittel in der Auseinandersetzung mit dem Nachbarstaat, sondern auch mit innenpolitischen Gegnern. Die Erinnerung an die Einigkeit und die Opfer der Abstimmungszeit verpflichtete im Mythos sowohl die Polen als auch die Deutschen zu unbedingten Einsatz für die Nationalisierung der Region - gar bis zum Tod. So wurde auf deutscher Seite der Mythos Oberschlesien von den Nationalsozialisten zur propagandistischen Vorbereitung des Überfalls auf Polen 1939 genutzt, während nach der Erfahrung der Besatzungszeit in Polen der Mythos Oberschlesien auch die Ausweisung und Vertreibung (fast) aller deutschsprachigen Schlesier nachträglich legitimieren sollte.
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