Multiple Heilungswelten im Kontext psychischer Erkrankungen
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Vorliegende Publikation erweitert medizinethnologische Forschungen zum Themenbereich (transkulturelle) Psychiatrie und Medizinpluralismus in Westafrika, die nach wie vor nur vereinzelt zu finden sind. Weiterhin aktualisiert und überarbeitet Weißenhorn frühere Schilderungen über die Praxis in der psychiatrischen Klinik Moussa Diop.Die Klinik Moussa Diop des Universitätskrankenhauses Fann in Dakar zählt zu den wichtigsten und bekanntesten biomedizinischen Institutionen zur Behandlung psychischer Erkrankungen im Senegal und im frankophonen Afrika. Im öffentlichen Diskurs um die Klinik Moussa Diop hält sich seit den 1970er Jahren folgende Annahme: Traditionell-religiöse Heiler und Biomediziner arbeiten hier gleichberechtigt für das Wohl ihrer Patienten zusammen. Vor Ort erwies sich, dass eine Kooperation nicht existiert. Dennoch konsultieren Patienten während ihres stationären Aufenthaltes traditionell-religiöse Heiler - teils sind diese sogar in der biomedizinisch organisierten Klinik präsent: "Das ist die senegalesische Realität!", erklären sowohl Patienten und Angehörige als auch Psychiater und traditionelle Heiler.Vor diesem Hintergrund analysiert Weißenhorn, wie sich diese senegalesische Realität konstituiert: Wie gestaltet sich das primär informelle Zusammenwirken von traditionell-religiösen und biomedizinischen Heilmethoden im Kontext psychischer Erkrankungen im Senegal? Welche staatlichen Rahmenbedingungen, institutionellen Strukturen, Praktiken und Vorstellungen existieren und wie ermöglichen diese die Präsenz traditioneller Heilmethoden insbesondere auf der individuellen Patientenebene? Neben den konkreten Mikropraktiken wird daher auch beleuchtet, wie sich das Verhältnis der Medizinsysteme auf der nationalen und staatlichen Makroebene und der institutionellen und organisationalen Mesoebene konstituiert. Dabei wird zudem gezeigt, inwiefern sich diese drei Ebenen wechselseitig beeinflussen.Nach der Untersuchung des senegalesischen Medizinpluralismus sowohl aus historischer als auch aktuell staatlicher Sicht, wird die Klinik Moussa Diop in Abgrenzung zur totalen Institution nach Goffmann, als eine durchlässige Institution analysiert. Entscheidungs- und Aushandlungsprozesse von Patienten und ihren Angehörigen stehen anschließend im Mittelpunkt. Betrachtet wird u.a. der Wissenstransfer zwischen Gesundheitspersonal und Patienten sowie das gesundheitssuchende Verhalten von Patienten und Angehörigen. Letzteres beinhaltet eine Analyse der Gründe für die Therapiewahl wobei sowohl sozial-familiäre Beziehungen, als auch Stigmatisierung und die Rolle von Krankheitsvorstellungen beleuchtet werden.Die untersuchten Aspekte begründen eine sequenzielle und parallele Nutzung der Medizinsysteme wodurch Weißenhorn folgert, dass die auf globaler und nationaler Ebene etablierten Hierarchien zwischen den verschiedenen Medizinsystemen von Patienten und ihren Angehörigen unterwandert werden.
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