Menschheitsgeschichte als psychologischer Entwicklungsprozess
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Das Geschehen der Geschichte wird von Menschen aus ihrem Verständnis von sich selbst und der Welt und ihren Wünschen, Sehnsüchten und Ängsten gestaltet und getragen. Dies ist ein neuer Gesichtspunkt. Im Mittelalter war Geschichte vor allem Heilsgeschichte, dann im 19. Jahrhundert wesentlich Herrschergeschichte und im 20. Jahrhundert auch Sozialgeschichte. Aber psychologische Gesichtspunkte spielten bisher kaum oder nur marginal eine Rolle. Hier setzt nun die Psychohistorie an und nutzt das große Potential der Tiefenpsychologie und Psychoanalyse für ein Verständnis der inneren Dynamik des geschichtlichen Prozesses. Ausgangspunkt war dabei die Beobachtung, dass wir als Erwachsene das in unserem Leben inszenieren, was wir als Kinder erfahren haben. Die Sozialisationsbedingungen der Kinder sind eine bedeutsame historische Kraft, wie ebenso die Bemühung der Eltern, den eigenen Kindern bessere Bedingungen zu vermitteln, als sie sie selbst erfahren hatten. Verbesserte soziale Beziehungen zwischen Eltern und Kindern bedeuteten gleichzeitig eine Verbesserung der sozialen Beziehungsstruktur in der Gesellschaft und neue Möglichkeiten der Kooperation. Dabei stehen soziale und technische Erfindungen in Wechselwirkung zur immer komplexeren Persönlichkeitsstruktur, wie sie sich im Lauf der Geschichte entwickelte. Die Geschichte erscheint in dieser Sicht als ein erstaunlicher Lern- und Selbstbildungsprozess, der insbesondere auch zur Entwicklung unserer modernen Identität und der Differenzierung unserer persönlichen Handlungsmöglichkeiten geführt hat. Unser heutiges Ich ist ein Produkt der
Geschichte.
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