"Man muss nicht alles sagen wollen..."
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Theodor Fontanes Roman >Stine< erfreut sich in der Forschung allenfalls eingeschränkter Wertschätzung, denn er halte dem Vergleich zu dem motivähnlichen Meisterwerk >Irrungen, Wirrungen< nur bedingt stand. Doch Fontane deutet in >Stine< den vormals von ihm wertgeschätzten märkischen Adel neu, dabei bezieht er eine Position dezidierter skeptischer Distanz. Darüber hinaus entwirft er für Kleinbürgerinnen der Kaiserzeit das Modell einer zukunftsorientierten Lebensgestaltung. Durch intertextuelle Bezüge bettet Fontane den Roman gezielt in übergreifende Perspektiven ein. In Abkehr von einer hergebrachten Erzählweise versieht er das alltägliche Geschehen mit einer komplexen Substruktur, die er unter der Oberfläche verbirgt. Der Scharfsinn eines mündigen Lesers ist gefordert, deren Spuren zu entschlüsseln, die Fontane mit seinen berühmten Finessen legt. Die Analyse dieser Vertiefung der Vorgänge, die Fontane als Verklärung bezeichnete, relativiert traditionelle Positionen der Forschung und ermöglicht alternative Deutungen zentraler Passagen des Romans. Daraus lassen sich Bezüge ableiten, die auch für die Gegenwart durchaus aktuell sind.
Wolfgang Keul, geb. 1950. Studium (Germanistik und Geschichte) an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Promotion zum Dr. phil., Studiendirektor an der Goetheschule Wetzlar. In der Folge Veranstaltungen bei der Goethegesellschaft Wetzlar (Vorträge, literarische Gesprächskreise). Publikationen zur Literaturdidaktik (Lessing, Heine, Gotthelf, Hebbel, Fontane). Bei Haag + Herchen erschien im Jahr 2018 Von Wetzlar nach Weimar oder Von der Entgrenzung zum Allgemein-Gültigen. Annäherungen an Goethe.
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