Lewis Hine revisited
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Lewis Hine (1874-1940) gilt vor allem wegen seiner investigativen Reportagen für das US-amerikanische National Child Labor Committee als Pionier der Dokumentarfotografie. Eben diese Arbeiten fallen aber konzeptionell aus dem Rahmen, den er seinem Werk selbst gegeben hat. Seinen eigenen Intentionen entsprechen vielmehr die seit 1920 entstandenen "Work Portraits", wie auch die frühen Fotografien für die New Yorker School of Ethical Culture. Hierfür prägend war offenkundig die von William James und John Dewey vertretene Philosophie des Pragmatismus, mit der Hine durch sein Studium in Berührung gekommen war. Dass er an deren Liberalismus konsequent festhielt, erklärt schließlich auch seine spätere Erfolglosigkeit, denn das von ihm fotografisch vermittelte Menschenbild der aktiven und eigenverantwortlichen Person stand quer zu dem Fürsorgekonzept der Farm Security Administration, die in der Zeit nach der Wirtschaftskrise für ihn ein wichtiger Auftraggeber hätte sein können. Wertschätzung erfuhr er zuletzt allein im Umfeld der Photo League, die im Kulturleben der USA freilich marginalisiert wurde.
Nach Hines Tod kam es zu einer ernsthaften Rezeption erst 1967 mit einer Monografie von Judith Gutman. Zur selben Zeit etablierte sich allerdings gerade auch eine neue Generation von Dokumentarfotografen, wodurch sein Werk wiederum in der Gefahr stand, unmodern zu wirken. Rückblickend erscheint Hine gegenüber dem damals neu erhobenen Anspruch einer ideologiefreien respektive wertneutralen Dokumentation aber als attraktive Gegenposition, insofern er gegen die Versuchungen einer naturalistisch objektivierenden Weltsicht immun blieb.
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