Leibniz
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Unter all den frischen Jungen, die an einem sonnigen Apriltag des Jahres 1654 vor der Nicolaischule zu Leipzig lärmten und sich balgten, sah man nur einen blassen Knaben, der von der allgemeinen Freude nicht ganz mitgerissen erschien. Das Ereignis, das die Knaben heute noch über das gewohnte Maß höher stimmte, war ein vorzeitiger Schluß des Unterrichtes. Soeben hatten die Turmuhren die elfte Stunde geschlagen, und der gestrenge Lehrer Tilemann Bachusius stolzierte vorgeneigt, einen Stoß von Büchern unter dem Arm, zwischen den Schülern durch. Es gab bei ihm zu Hause Kindstaufe. Deshalb hatte er mit höchster Genehmigung des Rektors Johann Hornschuh das junge Volk zwei Stunden vor dem üblichen Schulschluß entlassen. Obwohl sich der Lehrer nun fast absichtlich um das Treiben der übrigen nicht kümmerte, faßte er mit einem spitzen Blick gerade den ins Auge, der hiezu nach gewöhnlichen Pädagogenbegriffen am wenigsten herausforderte: Den blassen Jungen nämlich, der unbeteiligt abseits stand und offensichtlich nicht recht wußte, was er tun sollte. Aber auch für diesen Knaben hatte der Lehrer nicht allzuviel Zeit. Er murmelte bloß etwas von »Ordnung schaffen« und »Schüler Leibniz« in sich hinein und schüttelte dann alle Berufssorgen recht brüsk von sich ab, um seinen Vaterpflichten umso schneller genügen zu können.
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