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Krafft-Ebing, Freud und die Erfindung der Perversion

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Im Jahre 1886 erschien Richard v. Krafft-Ebings "Psychopathia sexualis", das erste breitenwirksame Großwerk der noch jungen Sexualwissenschaft. Der Grazer Psychiatrieprofessor zerrte die sexuellen Randgruppen des Fin de siècle ans Tageslicht: Nymphomaninnen und Flagellanten, Exhibitionisten und Sodomiten, Homosexuelle und Onanisten, Fetischisten und Masochisten - sie alle wurden von ihm erstmals katalogisiert, ihre Leidenschaften mit den heute geläufigen Bezeichnungen etikettiert, durch zahlreiche Fallstudien illustriert und unter dem neuen Begriff der "Perversion" subsumiert. Die Psychopathia sexualis prägte eine ganze Generation von Psychowissenschaftlern und Juristen und machte die Perversion für kurze Zeit zu einem der populärsten Leitmotive in Wissenschaft und Gesellschaft des mitteleuropäischen Fin de siècle. Kaum 20 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen legte der noch wenig bekannte Wiener Sigmund Freud seine "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" vor. Diese unscheinbare Schrift barg genügend revolutionäres Dynamit, um das in die Jahre gekommene, auf Degeneration und Heredität basierende Perversionskonstrukt Krafft-Ebings und seiner Schüler in die Luft zu blasen und die Moderne in der Sexualwissenschaft einzuläuten. Diese beiden Werke und ihre Verfasser stehen im Zentrum der vorliegenden Abhandlung. Beginnend mit einer sozialgeschichtlichen Analyse der gesellschaftlichen Dispositionen erläutert der Autor die wissenschaftlichen Rahmenumstände der Perversionsforschung und widmet sich im Anschluss daran den Persönlichkeiten Krafft-Ebings und Freuds, ihrem Verhältnis und ihrer unterschiedlichen Paradigmatik.
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