Kleist verstehen
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Wenn Autoren sich förmlich in die Moderne hineinschreiben, indem
sie diese künstlerisch mitbegründen, entwickeln sie nicht nur neue, nie
dagewesene Formen, sondern stoßen auch auf Inhalte, die bisher der
Taburegel zum Opfer fielen. Indem sich im Werk dieses früh aus dem
Leben geschiedenen Autors sowohl das >Normale< mit dem >Aberranten<,
das Konventionelle mit dem Unüblichen, das Opportune mit
dem Anstößigen mischt, geht auch das Realistische mit dem Fantastischen
eine Melange ein, die erstmals surrealistische Züge trägt. Heinrich
von Kleist lebte in brennenden oder schwelenden Revolutionszeiten,
die mit der Egalität neue Ideale der Selbstbestimmung und Würde
hochhoben - und doch wieder verrieten. Dieses Buch widmet sich
einigen von Kleists Erzählungen, die an experimentellem Verve nichts
zu wünschen übrig lassen und überraschend Themen extrapolieren,
die darauffolgende Jahrhunderte bis heute beschäftigen, etwa das problematische
Verhältnis von Ich, Kultur und Gesellschaft im Zeichen
des industriellen und nachindustriellen Zeitalters. Jede Erzählung ist
dabei eine >Geschichte< der Gewalt im doppelten Sinn dieses Wortes
und rechtfertigt den Ruhm des Autors als >Aufklärer in extremis<.
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