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Kafka ist nicht rätselhaft

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Don Quijote und Sancho Pansa (Cervantes), Faust und Mephisto (Goethe), Othello und Jago (Shakespeare), Dr. Jekyll und Mr. Hyde (Stevenson), Narziss und Goldmund (Hesse), Settembrini und Naphta (Thomas Mann), Hamm und Clov (Beckett) etc. - zahlreich sind in der Weltliteratur die aufeinanderbezogenen Paare, bei denen der Verdacht naheliegt (oder gar die Gewissheit besteht), dass hier nicht die Begegnung zweier Figuren, sondern die Begegnung zweier Anteile ein und derselben Figur thematisiert wird. Manche Autoren legen dies jeden Zweifel ausschließend offen (z.B. Stevenson), manche deuten es intensiv an (z.B. Hesse, Beckett), andere legen es bloß mehr oder weniger nahe. Auch Kafkas Texte sind von diesem Thema beherrscht, es muss nur genau genug hingesehen werden. Er treibt es wie Stevenson auf die Spitze: Die Persönlichkeitsanteile sind bei ihm oft ebenfalls bis hin zur absoluten Unvereinbarkeit und Unversöhnlichkeit gegensätzlich. Für Kafkas Figuren endet die Konfrontation mit ihren nur scheinbar äußeren Gegnern oft genug entweder mit dem Tod (Das Urteil, Die Verwandlung, Der Prozess, In der Strafkolonie) oder mit absoluter Isolation (Der Verschollene, Ein Landarzt, Ein Bericht für eine Akademie, Das Schloss), oder aber der Dichter vereint die Gegensätze gleich in einer in sich zerrissenen Figur (Ein Hungerkünstler, Forschungen eines Hundes, Der Bau). Die Beschreibung des Kampfes unversöhnlich gegensätzlicher Persönlichkeitsanteile formt die Hauptbedeutungsebene von Kafkas Texten - dies möchte das vorliegende Buch anhand zahlreicher Argumente und Indizien nachweisen. Kafka ist der Dichter der inneren Feindseligkeit.
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