In the Light of Bridges
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Irland gehört zu den Sehnsuchtsländern der Deutschen. Grüne Wiesen, dunkles Bier und graue Himmel üben eine melancholische Anziehungskraft auf uns aus, und das, obwohl wir uns nach außen hin doch gerne jeglicher Romantik entziehen. Insbesondere der Hamburger ist seiner Heimat treu ergeben: die "schönste Stadt der Welt" verlassen? Niemals. Einen Hamburger kann man nicht verpflanzen. Irische Pubs hingegen schon. Beinahe in jeder Stadt findet sich einer, eine beachtliche Leistung für so ein kleines Land. Und auch die Nachhut der irischen Dichterschaft hat sich auf der ganzen Welt verteilt - einer ist in Hamburg gelandet, vor fast dreißig Jahren schon, und geblieben: Terry McDonagh.
Jetzt hat er sich Hamburg einmal vorgenommen: unser Hamburg, sein Hamburg, und nicht immer scheint es dasselbe. Was sieht er nun, der Irish Poet, aus dem Land der fröhlichen Pubs und traurigen Balladen? Gegensätze, ja, von der Elbe bis zur Alster, unvereinbar auf den ersten Blick, unzertrennlich auf den zweiten, und immer ganz eng verbunden mit einer Stadt, über die doch schon alles gesagt zu sein scheint.
Doch McDonagh nähert sich Hamburg nicht über die üblichen Reeperbahn- und Landungsbrücken-Klischees. Er zieht einfach los und schaut - mit dem Blick des wachen Fremden, der er auch nach so vielen Jahren immer bleiben wird. Da geht es um zufällige Begegnungen in der S-Bahn, um Stille auf dem Mennoniten-Friedhof am Holstenkamp, bemerkenswerte Erkenntnisse bei einem Besuch des Auswanderungsmuseum auf der Veddel, Gespräche mit Wahlhamburgern aus aller Welt und immer wieder um die eine Frage, manchmal lauter, mal subtiler: What is the soul of Hamburg?
Während der Hamburger am Hafen steht und sich mit den Schiffen in die weite Welt hinaus träumt, stellt sich McDonagh mit dem Rücken zur Elbe und erzählt in Gedichten und Kurzgeschichten, was sich innerhalb der Stadtmauern abspielt. Spricht mit Hamburger Filmproduzenten und irischen Künstlerkollegen - wobei es hierbei weniger um die Vorstellung des Gegenübers geht als um Momentaufnahmen in einer Stadt, deren Aura und Geschichte die Gespräche prägen.
Und wenn McDonagh dann doch auf die Elbe blickt, dann steht er am Freihafen und schaut von der "anderen Seite" auf das Wasser. Seine kurzweilige Sammlung von Eindrücken ermuntert den Leser, ebenfalls neue Perspektiven zu wählen. Hamburg zu erkunden und festzustellen, dass der vermeintlich Fremde es manchmal doch besser kennt als man selbst - weil er Dinge sieht, hört und riecht, die man schon lange nicht mehr wahrgenommen hat. Vielleicht noch nie. Von seiner Stadt in der englischen Sprache zu lesen beschenkt den zerrissenen Hamburger, der doch eigentlich nirgendwo anders sein möchte, und sich in Gedanken doch so manches Mal als blinder Passagier auf die Containerschiffe schmuggelt, um sich als Frachtgut an fremde Strände spülen zu lassen.
Terry McDonagh schenkt uns den Blick des Zuwanderers und ermutigt uns, selbst mal wieder
in diese Rolle zu schlüpfen. Sich in die U3 zu setzen und einmal im Kreis zu fahren ohne sich im Kreis zu drehen. Seine Beobachtungen und Begegnungen, seine Hamburg Fragments, sind gespickt mit irischem Humor, stimmen oft fröhlich und manchmal nachdenklich, kommen hier und da ironisch aber immer liebevoll daher. Hamburg ist vielleicht nicht die schönste Stadt der Welt. Aber man darf es hier tatsächlich mit gutem Gewissen schön finden.
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