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Wir leben in einer Epoche der Reformen, der Berater, der Experten. Wir leben also in einer Zeit, in der politische Entscheidungen stark davon abhängen, wie viel Wirklichkeitskontakt und Lernfähigkeit in sie eingeht. Aber Gesellschaftsdiagnosen sind zugleich Waffen im Ideenkampf der Parteien und sozialen Bewegungen. Sie übertreiben, sie untertreiben, sie simplifi zieren - und zwar notwendigerweise. Die Aktualität von Karl Mannheims 1929 erstmals veröffentlichter Abhandlung "Ideologie und Utopie" besteht in der Analyse dieses Dilemmas zwischen Realismus und Rhetorik, zwischen Wissen und Einsichtsunfähigkeit in der
Auseinandersetzung um kollektiv verbindliche Normen. Mannheim fragt nach den politischen Folgen der Tatsache, dass die gleiche Welt verschiedenen Beobachtern verschieden erscheint. Und er fragt danach, wie unter diesen Umständen politische Rationalität möglich ist.
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