Filmischer Realismus
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Das Hauptinteresse des Buchs gilt einer theoretischen Bestimmung des filmischen Realismus, für den der Autor zwei Ebenen unterscheidet: Realismus des Films (als Bezeichnung des besonderen Wirklichkeitsbezugs des Mediums im Vergleich zu dem anderer Medien) und Realismus im Film (als spezifische Ästhetik, die sich von anderen Filmästhetiken abgrenzt). Die erste Ebene erschließt Kirsten über die beiden Konzepte der Indexikalität, die er unter Rückgriff auf die Schriften von Charles S. Peirce semiopragmatisch zu fassen vorschlägt, sowie des Realitätseindrucks, mit dem er die besondere phänomenale Wirkung der audiovisuellen Bewegungsbilder bezeichnet.
In kritischer Auseinandersetzung mit klassischen Theorien zum filmischen Realismus zeigt Kirsten, dass deren werkseitige Ansätze zur Tautologie oder zum Zirkelschluss neigen, weil sie das zu Bestimmende (den Realismus der infragestehenden Filme) als gegeben voraussetzen und auf Grundlage dieser Annahme einzelnen Techniken oder Erzählweisen einen realistischen Charakter zuschreiben. Um derartige Zirkelschlüsse zu vermeiden, schlägt er vor, den Realismus im Film nicht primär vom Stil oder der Erzählform her zu verstehen, sondern als Ergebnis einer besonderen Art der Lektüre. Der semiopragmatische Ansatz, den er wählt, um die Spezifika dieser Lektüre genauer zu bestimmen, ermöglicht es, die Gemeinsamkeiten heterogener realistischer Filmästhetiken in ihrer pragmatischen Dimension zu suchen: in der Kombination rezeptionsseitiger Operationen, die von den Filmtexten (trotz ihrer stilistischen, narrativen und thematischen Heterogenität) ermöglicht werden. Zu diesen Operationen gehört erstens die Konstruktion einer auf mehreren Ebenen zur Wirklichkeit strukturell homologen Diegese, zweitens eine Art der Narrativierung, die eine Ähnlichkeit zum Erleben von Ereignissequenzen in der Wirklichkeit suggeriert und drittens die kognitive und affektive , das im Rhythmus der Erzählung.
Unter dem Oberbegriff fasst Kirsten schließlich die textuellen Verfahren, die einen Film als im realistischen Modus zu rezipierenden markieren: Er geht dagegen davon aus, dass realistische Filme nicht nur eine Geschichte erzählen (oder die Konstruktion einer Geschichte ermöglichen), sondern im gleichen Zug auch auf ihre spezifische Gestaltung (und damit den zu wählenden Lektüremodus) hindeuten.
Der historischen Dimension des realistischen Modus und der realistischen Ostentation widmet sich der Autor anhand dreier exemplarischer Konstellationen, in denen unter unterschiedlichen Bedingungen eine Tendenz zum Realismus im Film zu beobachten war: dem französischen Kino der 1910er Jahre und Louis Feuillades Manifest «La vie telle qu'elle est» sowie André Antoines Version eines Films, dem italienischen Neorealismus der Nachkriegszeit, für den der Autor heterogene Lesarten und Ästhetiken herausarbeitet, und schließlich dem rumänischen Kino der Gegenwart, dessen wiederkehrende erzählperspektivische Muster er als langsamen Übergang von externer zu interner Fokalisierung bestimmt.
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