Ferdinand Tönnies - Schriften und Rezensionen zur Religion
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Vielmehr halte ich für wahrscheinlich, daß nach dem Ablaufe dieser oder einer etwas längeren Folge von Jahrhunderten die monotheistischen Religionen ebenso zu den nur ideell überlebenden Altertümern gehören werden, wie längst dazu die Religionen von Ägypten, von Hellas und dem alen Italien gehören. Samenkörner einer neuen panpneumatischen Weltreligion, die der heutigen Welt so angemessen sein wird, wie die bisherigen ihrer engeren Welt es gewesen sind, können schon heute hie und da gefunden werden.
Kann eine neue Religion aus der neuen Wurzel des phantasielosen wissenschaftlichen Denkens erwachsen? Wenn ja, so wird sie eine schlechthin uni¬versale Religion sein wollen, sein müssen, an der gleich der allgemeinen Menschlichkeit die Idee der Wissenschaftlichkeit ihren Anteil nimmt und die eben dadurch den Anspruch erhebt, eine schlechthin ethische, d. h. schlechthin wahre Religion zu sein. War ehemals jene Wendung zum Monotheismus eine große Epoche, so wird diese Wendung zum Atheismus, so schrecklich heute das Wort noch klingen mag, eine größere sein. Noch zieht der wissenschaftliche Unglaube das Wort "Pantheismus" vor für einen Begriff, dessen Unechtheit mit dem Scharfsinn des Gegners die Gottverehrer aller Bekenntnisse immer durchschaut haben. In Wahrheit bedeutet Vergottung der Welt und Entgottung der Welt eins und dasselbe. Schon die monotheistischen Religionen sind vom Geiste des wissenschaftlichen Denkens stark berührt. Sie sind Buchreligionen, sie sehnen sich nach philosophischer Begründung, sie ringen darum.
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