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Europäische Geistesgeschichte

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Friedrich Heer hat seine 1953 zum ersten Mal erschienene, nun seit Jahrzehnten vergriffene "Europäische Geistesgeschichte" trotz ihres Umfangs von über 700 Seiten einen "Essay" genannt. Bedenkt man den eigentlichen Sinn des Wortes "Essay" - Versuch, Wagnis -, dann entspringt diese Bezeichnung nicht falscher Bescheidenheit. Das Werk zieht einen großen Bogen von Auseinandersetzungen im frühen Christentum bis zur Zeit Goethes und skizzenhaft weiter bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts - immer bemüht, zugleich die gemeineuropäischen geistigen Entwicklungen und die Eigenart der einzelnen Nationen gerecht zu würdigen. Die Perspektive ist eine katholische, nicht in einem engen kirchlichen Sinn, sondern im Bewusstsein der Bedeutung der Kirche für die Herausbildung dessen, was wir als Europa kennen. "Essay" ist das Buch als Versuch, als Wagnis, große (und manchmal verkannte) Linien der europäischen Geistesgeschichte herauszuarbeiten. Zum "Essay" macht es auch die Leidenschaft, mit der es geschrieben ist. Andererseits ist Friedrich Heers "Europäische Geistesgeschichte" ein wissenschaftliches Werk von hohem Rang, in welches das enzyklopädische Wissen seines Autors eingeflossen ist. So werden hier in durchaus spannender Weise Zusammenhänge hergestellt, die ein überzeugendes Bild von Einheit und Unterschiedlichkeit der geistigen Entwicklung dieses Kontinents entstehen lassen. Mit besonderem Engagement werden alle nicht konformen Strömungen dieser Geistesgeschichte vorgestellt. Die Fülle von Anregungen, die dieses Buch bietet, wird kaum von einem anderen übertroffen. Was immer im Einzelnen zu kritisieren sein mag, was immer neue Detailforschungen ergeben haben - die dauernden Tendenzen der geistigen Entwicklung Europas werden nirgends so klar wie hier. Als Ganzes ist das Bild, das Heer von der geistigen Entwicklung Europas zeichnet, nicht überholt.
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