"Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet"
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Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet" schrieb die jüdische Medizinstudentin Luise Charlotte Brandenstein am 12. Februar 1935 an ihre Freundin, nachdem sie erfahren hatte, dass jüdische Studierende nicht mehr zum Staatsexamen zugelassen wurden. Von einer Sekunde auf die andere hatte sich ihre berufliche Zukunftsperspektive in Luft aufgelöst. Luise Charlotte Brandenstein ist eine von insgesamt 81 Personen - Studierende, Lehrende und nichtwissenschaftliches Personal aller Fakultäten und der Verwaltung -, denen die Westfälische Wilhelms-Universität während der NS-Diktatur Unrecht getan hat. Auf Grund ihrer politischen oder religiösen Überzeugungen, ihrer sexuellen Orientierung oder weil sie mit Juden verheiratet oder selbst jüdisch waren, wurden sie von der Universität entlassen, vorzeitig in den Ruhestand versetzt, vom Studium ausgeschlossen oder ihnen wurden ihre akademischen Titel ab- oder erbrachte Prüfungsleistungen gar nicht erst anerkannt. Für die Betroffenen bedeutete dies häufig das Ende ihrer beruflichen Laufbahn, zumindest in ihrer Heimat Deutschland. Ihnen und ihren Angehörigen wurde die Lebensgrundlage entzogen, ihr bisheriges soziales Umfeld schloss sie aus und sie waren vielfältigen Diskriminierungen, Schikanen und Demütigungen ausgesetzt. Einige von ihnen konnten durch Emigration, Abtauchen in den Untergrund oder Rückzug aus der Öffentlichkeit zumindest ihr Leben retten, andere wurden von den Nationalsozialisten umgebracht. Heutige ältere und jüngere Studierende der Universität Münster haben die Lebensgeschichten dieser und weiterer 29 Personen erforscht, bei denen sich der anfängliche Verdacht, ihnen sei durch die Universität Münster Unrecht getan worden, nicht bestätigt hat. Gleichwohl wurden viele von ihnen später Opfer anderer Institutionen des NS-Staates. Die Veröffentlichung dieser insgesamt 110 sehr verschiedenen Biographien holt die Opfer nicht nur aus der Anonymität des Vergessens und ermöglicht konkretes Gedenken, sondern sie vertieft auch das historische Verständnis für die Mechanismen von Ausgrenzung und Verfolgung.
Erscheint im November