Erzählen als Argumentationsspiel
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Unerhörtes Erzählen situiert sich, das zeigen aktuell etwa Ferdinand von Schirachs "Verbrechen", im Bereich zwischen Recht und Literatur. Die außergewöhnlichen , Fallverhandlungen' des Heinrich Kaufringer sind ein frühes Phänomen literarischer Kasuistik. Mit diesem Ansatz wird die kontrovers diskutierte Frage nach dem , Sinn' seiner , grotesken' Texte neu beleuchtet. Die Arbeit nimmt die Erzählpoetik Kaufringers von zwei Seiten in den Blick: Komparatistische Modellanalysen präsentieren ausgewählte Mären im Feld europäischer Novellistik (lateinische Exemplarik bis Boccaccio), zugleich wird eine historische Kontextualisierung mit rhetorischen und juridischen Traditionen der Antike und des Mittelalters vorgenommen. Dabei zeigt sich, dass Zuspitzung und Irritation Effekte eines an Problempotentialen besonders interessierten Erzählens sind. Ein kasuistischer Zugriff auf die materiae lässt Kaufringers Erzählungen als Argumentationsspiele verständlich werden, die Meinungen und Standpunkte verhandeln, wobei der diskursive Vorgang eine Lust am Erzählen generiert, der es auf die Verbindlichkeit einer Aussage nicht mehr ankommt. Die Interferenzen zwischen juristischem und literarischem Diskurs sind es, die ein solches , Erzählen von Sonderfällen' charakterisieren und das Erzählen selbst als Sonderfall spezifisch machen.
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