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Erinnerung und Neubeginn

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Das Buch untersucht aus interdisziplinärer Sicht das Verhältnis von Erinnerung und Neubeginn. Dabei fragen die Autoren, wie individuelle oder kollektive Formen der Erinnerung neue Lebensentwürfe blockieren oder behindern. Eine weitere Frage ist somit, inwieweit sich Erinnerungen gegen die Macht der Verdrängung und gegen geschichtliches Vergessen als Ressourcen für Zukunft wachhalten lassen. Kann etwas Neues nur entstehen, nachdem die Vergangenheit betrauert worden ist, oder ist ein Neubeginn denkbar, der mit der geschichtlichen Tradition bricht? Das Thema hat eine klinische Bedeutung: Psychodynamische Psychotherapie macht sich Erinnerung zunutze, um Veränderungen herbeizuführen. Dabei ist aus psychoanalytischer Sicht das Verhältnis von Erinnerung und Neubeginn komplex, Erinnerung selbst ist ein Neubeginn, Erinnerungsprozesse sind aktive Gestaltungsprozesse, sie verändern und arbeiten die Vergangenheit immer schon auf. In dieser kreativen und konstruktiven Konzeption von Erinnerung berühren sich Psychoanalyse und Neurobiologie. Gesellschaften schaffen sich kollektive Erinnerungsformen, die in schriftlichen Zeugnissen oder Denkmälern niedergelegt sind. Diese Erinnerungsformen können in unterschiedlichem Ausmaß entweder statisch oder dynamisch sein, können Geschichtsaufarbeitung blockieren oder fördern. Wie sehr der Umgang mit der Erinnerung ein politisches Thema ist, weist die deutsche Geschichte nach 1945 aus. Die Verdrängung von Episoden, die das Selbstbewusstsein einer Nation empfindlich treffen, ist allerdings nicht erst eine Erfahrung des 20. Jahrhundert Schon im Altertum ist solche Verdrängung nachweisbar. Geschichtswissenschaftlich ist also nicht nur die Erinnerung von Geschichte, sondern auch die Geschichte der Erinnerung, das historisch wandelbare Verhältnis zu Erinnerungsprozessen, interessant. Dass Erinnerung ein Mittel der Selbstreflexion ist - dieser Zusammenhang wird erst zu Beginn der Neuzeit gesehen. Das Buch ist aus einer interdisziplinären Ringvorlesung an der Universität Basel hervorgegangen und behandelt das Verhältnis von Erinnerung und Neubeginn aus psychiatrischer und psychoanalytischer, philosophischer, theologischer, ethnologischer, neurobiologischer, volkskundlicher und literaturwissenschaftlicher, schließlich historischer Perspektive.
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