Ein Sommer
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Am 8. August 1967 beging die zwölfjährige Sophie L. in B. eine unbegreifliche
Bluttat, die Schlagzeilen machte und, wie von Bewohnern ihres Dorfes später
bemerkt wurde, zufällig Ähnlichkeiten zu einem Delikt aufwies, das sich
zwei Wochen zuvor in einem entlegenen Bauernhof zugetragen hatte'. Mit
dieser Notiz wird die Novelle eingeleitet und deren gesamter Handlungsverlauf
umrissen. Zeitlich auf vierzehn Tage begrenzt, schildert Alexandra Lavizzari
aus Sophies Sicht die schleichende Zerrüttung ihrer Familie, bestimmt durch
Alkohol, Kontaktarmut, Lieblosigkeit. Der Autorin gelingt es auf eindrückliche
Art, den trostlosen Alltag in einer Neusiedlung am Stadtrand zu verdichten.
Dort, wo Sophie an der Schwelle zur Pubertät sich selbst und die Eltern
mit kritisch geschärftem Blick beobachtet, wo sie Geheimnisse hortet, wo
sie spürt, wie sich der Boden zunehmend ihren Füssen entzieht. Auch die
neue Nachbarin Rahel Wolf vermag die Sehnsucht Sophies nach Verständnis
und Zuneigung nicht zu erfüllen. Einzig das Schreiben von Gedichten und
das Verweilen am Weiher ermöglichen dem Mädchen so etwas wie poetisches
Ausweiten seines traurigen Daseins und Distanz. Die Autorin fängt die erstickende
Familienatmosphäre und die inneren Nöte der frühreifen Sophie minutiös
ein. Vor dem Hintergrund der schwelenden Rassenunruhen in Amerika und dem
Vietnamkrieg, die 1967 als Nachrichten fast täglich über den Bildschirm
flimmern, dümpeln die drückend heissen Augusttage dahin. Doch die harmlose
Eintönigkeit trügt. Folgerichtig und in schnellem Erzähltempo abgewickelt,
verketten sich die unglücklichen Ereignisse und beschwören eine dramatische
Auflösung herbei.
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