Die Zürcher Prozesse/Die Moskauer Prozesse
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Prozesse: Milo Rau hat eine neue Theaterform erfunden. Er holt die Wirklichkeit auf die Bühne und lässt an reale Gerichtsprozesse angelegte Aufführungen stattfinden - mit Akteurinnen und Akteuren der Zeitgeschichte! Politik wird verhandelt, ergebnisoffen. Das ist gewagt, umstritten und ermöglicht es, die Politik zurück auf die Bühne zu bringen, von der sie schon lange verbannt ist.
Die Zürcher Prozesse: Die Schweizer Zeitschrift Weltwoche ist für die einen die letzte Bastion gegen den linken Mainstream, für die anderen ein verfassungsfeindliches Hetzblatt. Milo Rau hat der Weltwoche auf der Theaterbühne den Prozess gemacht. Theater und Gericht stellen die Frage nach der Funktion von Journalismus in einer modernen, westeuropäischen Gesellschaft. Es steht Grundrecht gegen Grundrecht, die Pressefreiheit gegen den Schutz von Minderheiten in einem freiheitlichen Staat wie der Schweiz. Vor einer repräsentativ ausgewählten Jury verhörten echte Anwälte echte Zeugen und Experten, im Rückgriff auf reale Straftatbestände der Schweizer Rechtsordnung.
Die Moskauer Prozesse: Die Bilder des Schauprozesses gegen Pussy Riot gingen durch alle Medien. Auf der ganzen Welt formierten sich Unterstützungsbewegungen, die Sängerin Madonna rief zur Freilassung der Kunstaktivistinnen auf, und die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek verurteilte in einem übers Internet veröffentlichten Brief den Prozess als »Ende aller Demokratie in Russland«. Doch der Prozess gegen Pussy Riot ist kein Einzelfall. Künstlerinnen und Künstler, die sich nicht an die neuen Richtlinien einer regimetreuen, russisch-orthodoxen Staatskunst halten wollen, geraten ins Visier eines Systems, in dem Justiz, Geheimdienst und Medien eng zusammenarbeiten. Milo Rau verhandelte drei Fälle, in denen das »dissidente« gegen das »wahre« Russland antrat, in Moskau neu, mit Orthodoxen und Künstlerinnen - sein Prozess gegen Pussy Riot wurde dabei von Kosaken gestört, er selbst zur Persona non grata.
Dieser Band dokumentiert »Die Zürcher Prozesse« und »Die Moskauer Prozesse«, liefert Statements und Hintergründe und zeigt, dass das politische Theater zu einer neuen Form gefunden hat.
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