Die Worringers
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Rheinisches Bürgertum - in einem Teil wohlhabend mit liberaler Tradition, im anderen wirtschaftlich aufsteigend und emanzipatorisch - verbinden sich in dem Paar Marta und Wilhelm Worringer (1881-1965). Die Kunst stiftet ihre Verbindung im "leuchtenden München" des Jahrhunderts vor dem Ersten Weltkrieg. Marta Worringer vollendet ihre künstlerische Ausbildung und Wilhelm Worringer arbeitet an seiner Doktorarbeit, die bald darauf unter dem Titel "Abstraktion und Einfühlung" in der intellektuellen Welt Aufsehen erregen wird. 1907 erstmals veröffentlicht liegt sie inzwischen in zahlreichen Auflagen und Neudrucken vor, in neun Sprachen wurde sie übersetzt.
Ein Geniestreich des jungen Kunsthistorikers, dessen Buch als Programmschrift des Expressionismus gilt und immer noch als eine der bedeutendsten kunsttheoretischen Schriften des 20. Jahrhunderts gewertet wird. Worringer wird seitdem zu einem Partner für viele Künstler der noch jungen Moderne - Marc, Macke, Beckmann usw., wie auch die literarische Moderne suchen das Gespräch mit ihm. Seine akademische Laufbahn - in schwierigen Zeiten und stets in einem konservativen Umfeld - verläuft kurvenreich.
Ab 1928 Ordinarius in Königsberg, isolieren ihn dort bald die Nationalsozialisten, nach 1946 gibt es ein kurzes Gastspiel in Halle, das 1950 am neuen Dogmatismus der SED-Politik scheitert. In vier Jahrzehnten schriftstellerischen und akademischen Schaffens legte Wilhelm Worringer ein reiches Werk vor, das z. Z. im Wilhelm Fink Verlag herausgegeben wird.
Marta Worringers Leben als Malerin, Zeichnerin, Buchillustratorin bleibt dahinter im öffentlichen Auftritt zurück, obwohl sie regelmäßig an Ausstellungen teilnimmt, gute Verkaufserfolge hat und wesentlich zum Familieneinkommen beiträgt, denn lange ist Wilhelm Worringer ein schlecht bezahlter apl. Professor an der Universität Bonn. Fast ein generationentypisches Frauenschicksal verbirgt sich dahinter, denn ihre Familienleistung sichert das Familieneinkommen und garantiert die Ausbildung von drei Töchtern. Daneben ist sie die unverzichtbare Partnerin des Kunsttheoretikers Worringer. Trotz reicher Produktion, von der im Zweiten Weltkrieg viel vernichtet wird, bleibt sie in der kunsthistorischen Erinnerung lange vergessen, bis die Ausstellung "Rheinische Expressionistinnen" (1994) und eine nur ihrem Werk gewidmete Ausstellung (2001) im August-Macke-Haus Bonn sie aus dem Vergessen zurückgeholt hat.
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