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Die Steinesammlerin von Etretat

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Gert Heidenreich hat etwas Unerhörtes getan - er hat seinen seit 1984 in vielen Auflagen erschienenen Roman Die Steinesammlerin neu geschrieben. Es gibt Vorbilder in der Literatur für dieses Phänomen: Vladimir Nabokov, Samuel Beckett und Joseph Breitbach zum Beispiel haben wichtige Romane aus ihrem Werk in unterschiedlichen Versionen vorgelegt - allerdings waren Anlass stets Übersetzungen in andere Sprachen, die diese Autoren von ihren Büchern selbst anfertigten. Gert Heidenreich haben andere Gründe bewogen: Er wollte die Geschichte der Steinesammlerin, die von einer Liebe zwischen einer Französin und einem Deutschen im Kriegs- und im Nachkriegsfrankreich erzählt, befreien von politischzeitgeistigem Tand, der den Entstehungsumständen des Romans geschuldet war. Das Ergebnis, Die Steinesammlerin von Etretat, ist eine zeitlose Parabel von Liebe und Tod, von der unendlichen Weite des Meeres, vor deren Hintergrund auch die größte Schuld des Menschen ein erträgliches Maß findet. "Sie hielt dem an ihr hochkriechenden Blick des Pfarrers stand, ohne den Kopf zu senken. 'Ich halte einen Deutschen in meinem Haus versteckt.' Der Satz war ausgestoßen. Sie hätte ihn am liebsten wieder zurückgeatmet, so hastig sog sie die Luft ein. Ihr Schwindelgefühl wurde stärker, sie fürchtete, auf dem Stuhl das Gleichgewicht zu verlieren. Die acht Wörter waren an die Mauern geflogen, hatten sich vervielfältigt, in Messgewändern verloren, im Silberkelch gesammelt. Der Pfarrer sah sich in seiner Sakristei um, als habe er sie zum ersten Mal betreten und erwartete, dass ein Gesicht aus der Wand wachsen und ihm sagen würde: Hier gibt es ein seltsames Echo, das die Sätze verzerrt und ihre Bedeutung verändert. 'Du hast einen Deutschen in deinem Haus?' Violette nickte.
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