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Die Fackel, Vol. 24

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Excerpt from Die Fackel, Vol. 24: Jänner-März 1906, VII JahrDie Menschen, die hier nicht leiden, gehören samt und sonders ins Schwarze Buch. Sie freuen sich auch der Wiener Friseursitten. Daß Friseur gespräche möglich sind, beweist den Mangel an Denk gep¿ogenheit, der in Wien herrscht. Friseurgespräche sind nämlich dem Bedürfnis des mechanisch funktionie renden Barbiers nach einer geistigen Ansprache ent sprungen. Das immer bereite Gehirn des Durchschnitts menschen geht auf den Versuch einer Gedankenope ration, der den Friseur lockt, sofort ein. Wie leer müssen die Köpfe sein, die für die meteorologischen und politi schen Betrachtungen des Rasierenden immer Platz haben! Ich habe oft darüber gestaunt. Noch nie ließ ich ein Friseurgespräch mit mir anknüpfen. Dagegen habe ich hin und wieder selbst eines angeknüpft. Wenn ich mich nämlich für die Entwicklung des Wiener Friseurgewerbes interessierte, wußte ich mich an keine kompetentere Instanz zu wenden, als an den Friseur. Stets aber habe ich gewünscht, daß jede An regung, die vom Friseur ausgeht, untersagt werde. Die Störung eines Gedankenganges durch Wendungen wie: jetzt sind die meisten Herrn schon in die Feriem, oder: die Demonstration ist ganz ruhig verlaufen, sind unerträglich. Eine Bemerkung wie: frisch ist's heut' draußen ist uber¿ussig: entweder hat's der Besucher, der ja von draußen kommt, selbst gespürt, dann braucht es ihm kein Friseur der Welt zu be stätigen, oder er ist unempfindlich, dann nützt die richtigste Ansicht des Friseurs nichts. Derlei Kalamitäten wäre einfach durch eine Verordnung beizukommen, ähnlich wie der Sitte der Wiener Gasthauskellner, eine bestellte Speise, mit der sich die Geschmacksnerven schon fünf Minuten lang beschäftigt haben, mi t der bemerkungkann leider nicht mehr dienen abzusagen, das heißt, so lange mit der Streichung der nicht mehr vorrätigen Ware zu warten, bis sich ein Besteller gefunden hat, der aufsitzen kann. Aber eine Verordnung, die die Unter brechung der Denkarbeit durch ein Friseurgespräch untersagt, wurde in Wien auf Widerspruch stoßen. Woher nähmen die meisten Menschen ihre politischen Ideen Ich habe es selbst nicht geglaubt, als ich einst Zeuge der folgenden Szene war: Ein gut an gezogener Herr, sein Gesicht in einer Waschschüssel abspülend, ruft, da ihm das Wasser uber den Mund rinnt, zu dem hinter ihm stehenden Barbiergehilfen: einen Bismarck brauchten Ich erkannte, daß solchem Menschenschlag auch ein Bismarck nicht helfen könnte. Es ist fürchterlich!About the PublisherForgotten Books publishes hundreds of thousands of rare and classic books. Find more at www.forgottenbooks.comThis book is a reproduction of an important historical work. Forgotten Books uses state-of-the-art technology to digitally reconstruct the work, preserving the original format whilst repairing imperfections present in the aged copy. In rare cases, an imperfection in the original, such as a blemish or missing page, may be replicated in our edition. We do, however, repair the vast majority of imperfections successfully, any imperfections that remain are intentionally left to preserve the state of such historical works.
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