Deutsche Erhebungen
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In seiner 1945 verfaßten
Rede "Deutschland und die Deutschen" bescheinigte
Thomas Mann seinen Landsleuten, daß ihnen immer
wieder gerade das Beste zum Bösen ausgeschlagen
sei - damit eine Betrachtung Goethes
verschärfend, der das Klassische als das Gesunde,
das Romantische als das Kranke einstufte. Gustav
Seibt läßt sich von solchen Diagnosen anregen,
indem er sich mit einem "deutschen Sonderweg"
auseinandersetzt: dem Philhellenismus, der
Sehnsucht nach einem deutschen Arkadien. Mit
ihrer schwärmerisch-melancholischen Tendenz,
ihrem ästhetischen Radikalismus hat die
Griechenliebe immer wieder das Mißtrauen der
"lateinisch-nüchternen" europäischen Nachbarn
erweckt und insbesondere nach 1945 zum Nachdenken
über ihren Anteil am nationalen Kulturhochmut der
Deutschen herausgefordert. Daß die
hellenisch-deutsche Wahlverwandtschaft nicht
zwangsläufig Weltferne und Gegenwartsfeindschaft
zur Folge haben muß, daß der Traum vom
Klassischen und die historische Melancholie
durchaus kraftvoll sein, daß Sonderwege den
Eigensinn gegen totalitäre Gleichschaltung
befördern können, davon erzählt Gustav
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