Der unreine Tor
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Mit seinen >Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken< avancierte Daniel Paul Schreber zum - so die Einleitung zur englischen Übersetzung des Textes - »am häufigsten zitierten Patienten« der modernen Psychiatrie. Den Anstoß zu dieser posthumen Karriere des Senatspräsidenten hatte Freud gegeben. Auf ihn folgten Benjamin, Canetti, Lacan und viele andere. Das Schrebersche Wahnsystem hat durch alle analytischen und historischen Erklärungsversuche hindurch, und ihnen zum Trotz, seine Faszination behalten. Das Buch Roberto Calassos geht dem nach, es sucht unter dem Berg der Schreber-Literatur jenen unbekannten Dr. Schreber, der im »Fall Schreber« sich nicht erschöpft. Dazu kehrt er die Blickrichtung um: nicht länger soll Schreber examiniert werden, sondern selbst Examinator sein. Calasso liest Schrebers >Denkwürdigkeiten< ebenso als gnostisches Traktat wie als faustisches Drama, er transponiert sie in einen Roman, in dem Mythos und Ironie untrennbar verschmelzen. Ein Roman, der im Netz seiner Form - der allerungewöhnlichsten Verdichtung von Chronik und Phantastik, Dokument und Lyrik, Wort und Bild, Collage und Kolportage - die geheime Geschichte Schrebers ans Licht bringen will.
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