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Wie fern ist hier und jetzt der blaue Himmel, und wie sehr anderswo ist selbst das Haus, in dem Du wohnst. Wenigstens dann, wenn jetzt vor allem Laute oder Buchstaben sind, hier vor allem Sätze und ihre Bedeutungen. In welcher Abgeschiedenheit verbleiben dann Erinnerungen und Vorstellungen, Hass- oder Glückszustände, die doch noch in irgendeiner Weise mit Dir und Deinen Wörtern zusammenhängen sollen? Nein, kein Unterschied, keine Gemeinsamkeit zwischen all diesen Dingen und ihren Sphären, die nicht mehr oder weniger willkürlich oder zufällig sind. Was denn und wie denn in einem Gedicht mit bestenfalls insularen Korrespondenzen, Konsonanzen oder Dissonanzen anfangen? Ob es angesichts dieser, wie es scheint, unendlich komplexen Aufgabe nicht nur vernünftig ist, alle Hoffnung auf etwas fahren zu lassen, das anderes und mehr ist als Erkenntnis von Zufälligkeit, auf ein Gedicht also, das seinen Namen verdient? Die Poesie ist, gemäss Kafkas Wort, nicht zuletzt die Beschreibung eines Kampfes, der Ort, da all die Kräfte und Mächte am Werk, von einem Dichter, einem Leser angezettelt, aufeinander losgelassen sind, vielleicht der Suche nach einer wohl unerforschlichen Ordnung wegen. So als wollten die Dichter, wie Shelley meint, die Gesetzgeber der Welt sein und damit auch - wie es auch Paul Valérys Monsieur Teste, dieser übermenschlich anspruchsvolle Selbsterforscher verlangt - Visionäre schrankenloser Selbst- und Weltdurchdringung. Eben dieser Valérysche Anspruch scheint die Dominanz von sprachlich Vorhandenem (das vergleichsweise leicht zu regeln ist) über Nicht-Sprachliches zu verbieten, wie man sie in Oskar Pastiors Texten häufig finden kann, eine Dominanz des Jetzt der Laute und Klänge, des Hier von Buchstaben und Grammatik auf Kosten dessen, was wir so leicht als Abwesendes missdeuten, nur weil es den Sinnen und deshalb auch unseren ordnenden Eingriffen entzogen scheint. Doch nicht weniger unzureichend ist auch das andere Extrem: ein Schreiben (von so Vielen und vielleicht auch von Durs Grünbein), in dem die nicht-sprachlichen Gegenstände des Gedichts unvermittelt dominieren und als immer schon erreichtes Ziel suggeriert werden und sich deshalb zu keinem lebendig-wechselwirkenden Verhältnis zu ihrer sprachlichen Darstellung finden, als stünden sie unverwandt in einem Jenseits der Sprache zu ebenso freier Verfügung wie im Bereich des Sprachlichen anscheinend Buchstaben oder Laute. Es ist ein Schreiben, das sich deshalb auch dazu verurteilt, unbewusst den strebenden und widerstrebenden Kräften und Mächten unterworfen zu bleiben, und das aus dem Joyceschen Alptraum der (Literatur-)Geschichte nicht zu erwachen vermag. Wie aber mitten im Traum und überdies mittels des Träumens selbst erwachen? Das Reden in fremden oder historischen Zungen, wie es in H.C. Artmanns Gedichten geschieht, kann hier als eine Antwort gelten und ebenso Christine Lavants (in der modernen deutschsprachigen Literatur einzigartiges) Ringen mit Religiösem, ihr ambivalenter Bezug auf christliche Ikonographie, vielleicht nicht zuletzt um der Dialektik von heutigem Eigensinn und einer durch Unbewusstes bedingten Fremdbestimmung willen. Und dass die wie traumwandlerische Unterwerfung unter nicht-sprachliche Dinge poetisch dennoch fruchtbar in ihr hellwaches Gegenteil umschlagen kann, zeigt Adalbert Stifters Witiko: Wald und Feld, Mensch und Haus, Wolken und Himmel scheinen da ihr uns Wieder-Gegebensein in einfachen und elementaren Sätzen feiern zu lassen.
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