Der Diener zwischen Ritter und Minnesänger. Höfisch eingefärbte Auto(r)figuration in Heinrich Seuses Vita
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Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1, 3, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Deutsches Seminar), Veranstaltung: Auto(r)biographisches Schreiben im Mittelalter, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Vita Heinrich Seuses ist ein in der Forschung viel diskutiertes Werk. Lange wurde sie als Autobiographie gelesen, doch in den letzten Jahren ist die Forschung von dieser Auffassung abgekommen. Man ist sich einig, dass zwar Bestandteile der Vita eindeutig dem Leben des Autors zugerechnet werden können, wie beispielsweise die Fußtuchepisode oder Seuses seelsorgerische Tätigkeit mit Nonnen. Auch die Selbstzüchtigung, wie der Diener sie durchführt, wird, wenn auch in etwas abgeschwächter Form, als authentisch angenommen. Allerdings besteht auch Konsens über die bewusste didaktische Auslegung des Werks und dadurch bedingte strukturgebende Erzähltechniken. Systematische Zusammenfassungen und die Konstruktion eines Doppelwegschemas machen die Vita zu einem Lehrbuch mit stark autobiographischen Zügen. Seuse stilisiert sich selbst im Diener als ein nachahmungswürdiges Vorbild und stellt für seine Rezipienten, hauptsächlich Nonnen, eine starke Möglichkeit der Identifikation dar. Auffällig oft bedient sich Seuse dabei weltlich-höfischer Bildsphären, die nahelegen, dass ihm sowohl die höfische Kultur als auch die höfische Epik durchaus geläufig gewesen sind. Seuse stammte vermutlich aus einem Konstanzer Patriziergeschlecht und wurde, wie seine Rezipientinnen, nachhaltig vom höfischen Roman beeinflusst. Ritterschaft und Minne sind Leitbegriffe seiner Vita und werden in seinem Sinne funktionalisiert. Die Forschung hat sich bisher vor allem darum bemüht, das Konzept der geistlichen Ritterschaft zu entschlüsseln. Auch eindeutige Parallelen zwischen der Beziehung des Dieners zur Ewigen Weisheit und einer weltlichen Minnekonzeption wurden mehrfach erörtert. Regelmäßig wurden dabei beide Konzepte miteinander vermengt und die Minnethematik zu Gunsten der geistlichen Ritterschaft vernachlässigt. Aufgabe der vorliegenden Arbeit soll es daher sein, beide Konzepte, soweit dies möglich und angemessen ist, voneinander getrennt zu betrachten. Dabei sollen anhand ausgesuchter Textstellen präzise Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die beiden weltlichen Rollenbilder, nämlich das des Ritters auf der einen Seite und jenes des Minnenden auf der anderen, konstruiert werden, wie weltliche und geistliche Konzepte miteinander korrelieren und welche weltlichen Texttraditionen herangezogen werden. Anschließend wird zu erläutern sein, zu welchem Zweck Seuse den Diener in weltliche Rollenbilder schlüpfen lässt und inwiefern eine Autorenintention der Figuration deutlich wird.
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