Inklusivismus und Toleranz
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Das normannische Sizilien des 12. Jahrhunderts gibt bis heute in vielerlei Hinsicht Rätsel auf. Das friedliche, von multi- und transkulturellen Elementen geprägte Miteinander dreier Religionen unter einem christlichen König kann für das gesamte Mittelalter als einzigartig gelten. Bis heute zeugen davon spektakuläre Kirchenbauten wie die Cappella Palatina in Palermo oder die Kathedrale von Cefalù.Ausgehend von der Religionspolitik, Architektur und Kunst des Normannenreiches unter Roger II. stellt die Studie erstmals die Frage nach einem möglichen religionstheologischen Rahmen, der die überraschend tolerante Haltung der Normannenherrscher zu erklären vermag. Da hierfür aus der fraglichen Zeit keine schriftlichen Zeugnisse vorliegen, werden religionstheologisch relevante Texte im historischen Umfeld in die Untersuchung mit einbezogen.Die Berücksichtigung eines in der Forschung bisher wenig gewürdigten Briefes Papst Gregors VII. aus dem Jahr 1076 und eine neuartige Interpretation der in ihrer Deutung bis heute umstrittenen Summa contra gentiles des Thomas von Aquin erlauben es, Parallelen zum Normannenreich innerhalb der mittelalterlichen Theologie aufzuzeigen. Ramon Llulls Llibre del gentil belegt schließlich, dass ein wertschätzender Dialog zwischen den Religionen im Mittelalter auch unter christlichen Vorzeichen keineswegs undenkbar war.Im Unterschied zu der im Mittelalter vielfach vorherrschenden Unkenntnis und Feindschaft zwischen Juden, Christen und Muslimen zeigt sich in der Wertschätzung nichtchristlicher Religionen und Kulturen im sizilianischen Normannenreich ein gelebter und lernbereiter Inklusivismus avant la lettre - ein Phänomen, welches auch für heutige Religionsbegegnungen eine Inspiration darstellen kann.
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