Das liberale Ethos der Würde
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Helmuth Plessner (1892-1985) ist bekannt als Mitbegründer philosophischer Anthropologie. Weniger geläufig ist, dass sich sein vielgestaltiges Werk auf eine Idee menschlicher Würde bezieht, von der man nicht sogleich zu sagen vermag, auf welche historischen Vor-gänger sie sich beruft, und deren systematische Begründung eine Rekonstruktion verlangt. Unter Würde versteht Plessner ein liberales Ideal guten Lebens, das sich theatralisch als (Masken-)Spiel in und mit Rollen verwirklichen lässt. Während gegenwärtig der Libera-lismus vor allem deontologisch und kontraktualistisch begründet wird, begreift Plessner ihn strebensethisch als ein Ethos. Die syste-matische Rekonstruktion seines Würdebegriffs bezieht daher neuere ethische Debatten ein, um auf die mögliche Aktualität dieses An-satzes zu verweisen. Problemgeschichtlich lässt sich Plessners Konzept als Ergebnis einer internen Kritik der kantschen Philosophie verstehen. Im Nachvollzug dieser immanenten Wende wird das liberale Ethos der Würde auch geschichtlich als Kontrast zu deontologischen Moralauffassungen sichtbar. Inspirierend ist für Plessner nicht Kants Moralphilosophie gewesen, sondern seine Ästhetik. Die antinomische Pluralität des Geschmacks und das ethische Potential des Schönen, das Plessner entdeckt, verweisen zum einen auf die schottische und englische Moralphilosophie des 18. Jh. Zum anderen ist es Schiller, der Kants Ästhetik moralphilosophisch versteht und für Plessners intellektuelle Biografie prägend geworden ist. Und auch diese Problemgeschichte besitzt Aktualität. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die kaum beachteten ethischen Aspekte der kantschen Ästhetik und will damit die Kant-Forschung bereichern.
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