Das kurze Leben
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»La vie est brève«, das Leben ist kurz, mürbe Chansonweisheit, nächtlich gesungen im Salon der Señora Mami in Buenos Aires. Juan María Brausen, illusionsloser Texter in einer Werbeagentur, möchte heraustreten aus seinem Leben, ein anderer sein. Nach einer schweren Operation seiner Frau macht er die Erfahrung, dass er nicht zu einer einzigen Existenz verurteilt ist. Hinter der dünnen Wand der Nachbarwohnung hört er die Lebensäußerungen der Prostituierten Queca, und in Gedanken wird er zu Juan María Arce, ihrem brutalen Geliebten. Zugleich phantasiert er sich in die Gestalt des Arztes Díaz Grey, Hauptfigur eines Drehbuchs, an dem er schreibt. Als Queca von ihrem Zuhälter ermordet wird, identifiziert Brausen sich mit dem Mörder und flieht, als Juan María Arce, nach Santa María, in die von ihm selbst entworfene Stadt, wo sich sein Weg mit dem von Díaz Grey kreuzt.Der Roman, der 1950 erschien, als Onetti in Buenos Aires Redakteur einer Nachrichtenagentur war, bildet den Grundstein seines Ruhms. Er hat bis heute nichts von seiner Faszinationskraft eingebüßt, in ihm tritt der Leser zum ersten Mal in die Welt von Santa María ein.Juan Carlos Onetti, 1909 in Montevideo geboren, 1994 in Madrid gestorben, lebenslang ein überzeugter Einzelgänger der Literatur, wurde selbst in der spanischsprachigen Welt relativ spät entdeckt. Erst als er 1975 aus dem von einem Militärregime beherrschten Uruguay nach Spanien emigrierte, fand er ein größeres Lesepublikum und wurde mit dem Cervantes-Preis geehrt. Heute gilt er als einer der großen Erzähler des 20. Jahrhunderts.Zu seinen großen Santa-María-Romanen gehören auch »Leichensammler«, »Die Werft«, »Lassen wir den Wind sprechen«.
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