Biografien inszenieren
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Als Rainald Goetz sich während seiner Lesung beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt mit einer Rasierklinge die Stirn aufritzte, nahm der Juror Reich-Ranicki den Autor gegen den Autor in Schutz: Trotz dieser Provokation schreibe Goetz eine gute Prosa. Von heute aus gesehen lässt sich die Aktion nicht vom Schreiben des Autors trennen: Ein Autor inszenierte seinen Auftritt bei einer von den Medien stark beachteten Veranstaltung. Auf ähnliche Weise gehen heute viele Autoren vor: Sie überlegen genau, welche Fotos sie verwenden, wie sie ihre Lesungen anlegen, was sie in Interviews sagen. Ihr Auftreten als Autor unterliegt einer von ihnen selbst und von den Verlagen geschaffenen Choreografie. Die aktuellen Szenen und Dramen dieser Inszenierungen, die man als Kompositionen des Biografischen verstehen könnte, werden in diesem Band anhand eines reichhaltigen Materials untersucht und gedeutet. Weitere Betrachtungen, welche die Literaturen der Gegenwart aus den verschiedensten Perspektiven untersuchen - neue Produktionsbedingungen, neue Lebensentwürfe von Autoren, neue Formen der Literaturvermittlung, neue inhaltliche und formale Trends -, sind als essayistische Reihe geplant.
Erscheint im Oktober