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Spricht man in Frankreich von der Liebe, kommt man fru¿her oder später auf Jean Racine, den größten Tragödienautor Frankreichs - vor allem wenn man von jener Liebe spricht, der kein glu¿ckliches Ende beschert ist. Und doch ist Racinemehr als all die geflu¿gelten Worte, zu denen viele seiner Verse geworden sind. Zwischen all dem klassisch weißen Marmor lauern die Schatten. »Eine Trennung ist keine Nichtigkeit«, schreibt Racine im Vorwort zu seiner Tragödie Bérénice - und Nathalie Azoulai nimmt ihn beim Wort. Ihre Bérénice, eine Frau des 21. Jahrhunderts, wird verlassen, Titus, ihr Liebhaber, kehrt zuru¿ck zu Frau und Familie. Und tatsächlich - die Worte Racines sind ihr ein Trost, sie erkennt sich in ihnen wieder, sie bedient sich wie in einem »Selbstbedienungsladen fu¿r Liebeskranke«. Doch wie konnte ein Mann des 17. Jahrhunderts so treffend u¿ber die Liebe und das Leid und den Schmerz nach deren Ende schreiben - zumal aus der Perspektive einer Frau?Mit Bérénice taucht Azoulai ein in das Leben Jean Racines, zeigt dessen Aufstieg vom Waisenkind im strengen Kloster Port-Royal zum Gu¿nstling Ludwigs XIV., die Zerrissenheit zwischen der jansenistischen Askese und dem Prunk am Hof desSonnenkönigs. Und immer sind ihm Sprache und Literatur Anker und Kompass: die verbotenen und im Verborgenen gelesenen Texte Vergils und Heliodors als Kind und die Suche nach neuen Ausdrucksformen der Liebe und Leidenschaft alsimmer erfolgreicherer Dichter.Nathalie Azoulai spiegelt ihre Bérénice der Gegenwart in der Lebensgeschichte ihres Schöpfers und dessen éducation sentimentale im Schmerz seiner Figur, Bérénice. Und so wird dieser beru¿ckend schöne und filigrane Text zu weit mehr alseiner Biographie oder einem historischen Roman: Nathalie Azoulai zeigt die Universalität der Leidenschaft und des Kummers u¿ber die Jahrhunderte hinweg und beschreibt so eine Topographie der Sprache der Liebe.
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