Am Ende schuf der Mensch
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Es geht um jüdische Geschichte und jüdische Mythen. Der Beginn des Buches führt
ins Jahr 1941, mitten in die Shoah und zu einer kleinen Gruppe von Menschen, die
versuchen, vor den Nazischergen zu flüchten. Allein der Prolog beschreibt eine
Szene, die den Leser vor Entsetzen einmal das Buch beiseite legen lässt. Doch nach
einer Atempause sollte man die Lektüre unbedingt fortsetzen.
Die Flüchtenden, in der Jetztzeit alte Männer, spielen auch im weiteren Ablauf des
Romans eine Rolle. Doch zentrale Figur des Romans »Am Ende schuf der Mensch
...« von Gerhard Josef Langer ist der nicht-jüdische Professor für Judaistik Michael
Fürst. Er wird, mehr oder weniger zufällig, in eine Geschichte gezogen, die mit der
mythischen Erschaffung eines Golems zu tun hat. Alte Papiere, die in der Salzburger
Universitätsbibliothek lagerten, sollen den Schlüssel zur Erschaffung eines
menschlichen Wesens bloß mit Hilfe von hebräischen Buchstaben sein, die, wie
Kabbalisten über Jahrhunderte zu erforschen suchten, in ganz bestimmter
Reihenfolge zu sprechen sind.
Der Leser bewegt sich ganz plötzlich in einem jüdischen Umfeld und zwischen den
Städten Salzburg und Wien. Der Roman ist genau genommen eine überaus
spannende Kriminalgeschichte, doch in unaufdringlicher, weil nämlich ganz
natürlicher Weise bringt einem der Autor jüdische Traditionen nahe. Diese enden
keineswegs irgendwo in der Vergangenheit, sondern führen ins heutige Österreich,
holen den Nahostkonflikt heran und involvieren sogar den Mossad.
Fürst kommt in Besitz des besagten Manuskriptes, das jedoch ein Kollege,
Gerschom Herzig, ursprünglich aus der Bibliothek entwendet hat. Dass Herzig
eigentlich nicht der ist, als den Fürst in kannte, wird im Laufe des Romans immer
klarer. Am Anfang steht ein Bombenanschlag auf die israelische Botschaft, bei der
ein hochrangiger Diplomat stirbt, Fürst, der mehr oder weniger zufällig anwesend ist,
mit viel Glück unverletzt davonkommt und die rätselhafte Rut Landau die Bühne des
Geschehens betritt.
Welche Rolle Rut für Michael und für den Mossad spielt, was Gerschom Herzig
vorhat, welche Verbrechen dahinterstehen, in welcher Weise sich die alten
chassidischen Herren einbringen und was das alles mit dem Golem zu tun hat ... das
werde ich nicht verraten.
Das Buch ist spannend bis zum Schluss. Langer schreibt aus einer allwissenden
Erzählposition heraus und wechselt sehr rasch die Perspektive: einmal folgen wir
Michael Fürst, dann gehen wir mit Rut, und auf der nächsten Seite lesen wir die
Gedanken von Gerschom Herzig. Die Geschichte wird linear erzählt, doch manchmal
greifen die Handlungsstränge zeitlich ineinander, weil sie aus unterschiedlichen
Perspektiven erzählt werden. An manchen Stellen mag man das Gefühl haben, hier
wurde einfach jeder mögliche Aspekt jüdischen Lebens hineingepackt, doch
entspricht dies wohl der Realität: da kommt der Ewiggestrige ebenso vor wie die
Orthodoxen, israelische Geheimagenten und palästinensische Terroristen ebenso
wie der Goj (Nicht-Jude), der eine Menge ins Rollen bringt, und die Erschaffung des
Golems verleiht dem Buch ein märchenhaftes Element.
LitGes, August 2010
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